Was ist ein Selbstgespräch? Stell dir einmal die Frage: „Wieviele Worte richtest Du am Tag an dich selbst?“ Die Antwort: ca. 20-40.000. Noch eine Frage: „Wieviele Worte richtest Du an dich selbst während des Trainings?“ Meine Antwort: „Weiss ich nicht.“
Als Selbstgespräch oder Autokommunikation werden Kommunikationsprozesse bezeichnet, in denen eine Person sich selbst anspricht. Dieselbe Person fungiert als Sender und als Empfänger einer Mitteilung. Autokommunikative Vorgänge laufen zum einen parallel ab, wenn eine Person mit einer anderen kommuniziert, zum anderen wenn eine Person für sich allein ist. Wir fokussieren uns hier auf den …
Dialog mit meinem Ich
W. Seidel, ist selbstständiger akademischer Mentalcoach sowie Berater von Triatlethen und meint Selbstgespräche und Handeln sind eng miteinander verflochten. Du hast vielleicht selbst schon oft bemerkt, dass in schwierigen Situationen ein Selbstgespräch häufig zuerst ins Negative umschlägt und Du dann Sätze wie „Ich kann nicht mehr“ oder „Ich schaffe das nicht“ im Inneren formulierst, bevor Du körperlich einen Gang zurückschaltest oder sogar aufgibst. Die negative Wendung findet immer zuerst im Kopf statt. Erst dann folgen die entsprechenden konkreten Reaktionen und Entscheidungen. Und das geht in beide Richtungen.
Seidel glaubt an die Macht des Selbstgesprächs und erzählt von einem der weltweit härtesten Mitteldistanz-Triathlons in Norwegen: Als ich auf die abschließende Laufstrecke, einen Halbmarathon, wechselte, hatte ich zeitweise Krämpfe und Schmerzen. Es waren nur mein Kopf und meine motivierenden Selbstgespräche, die mich dabei unterstützten, dies alles auszublenden, weiterzulaufen und schlussendlich die Ziellinie als Sieger zu überqueren. Ohne mentale Vorbereitung hätte ich unzählige Gründe gefunden, das Rennen zu beenden, und wäre mit einem DNF (disqualifiziert, weil nicht beendet) nach Hause gefahren.
Was er hier erlebt hat trifft beim Rudern und allgemein im Sport zu: Erfolgreiche Athleten beschäftigen sich mit zuversichtlichen und vertrauensvollen Gedanken. Athleten die oft Selbstzweifel und Angst vor dem Versagen plagen, sind weniger erfolgreich.
In der Literatur unterscheiden wir zwischen verschiedenen Arten des Selbstgesprächs.
- Negative Selbstgespräche
- Positive Selbstgesprache
- Instruktive Selbstgespräche
Negative und destruktive Selbstgespräche
Sie können sich zu negativen Gedankenkreisläufen entwickeln. Es kann zu Selbstzweifeln kommen, oder auch Depressionen. In der englischsprachigen Literatur (siehe Post in Englisch) sprechen einige Untersuchungen über die negative Effekte hinsichtlich Trainingsleistung und körperlichem Befinden. Eins führt zum Anderen. Ein negativer Gedanke führt zum Nächsten, und die negative Gedankenspirale kommt in vollen Gang. Diese Spirale nach unten hat vielen Sportlern schon oft einen Strich durch die Rechnung gemacht. Man gräbt sich quasi sein eigenes Loch – tiefer und tiefer.
Das Problem: „Negative Gedanken wie einen schlechten Film einfach abzuschalten, ist nicht so einfach, sie stellen sich wie ein Automatismus ein. Doch tatsächlich hat jeder die Chance, diesen zu brechen. Das aber muss über längere Zeit regelmäßig trainiert werden. Im ersten Schritt musst Du dir der störenden Selbstgespräche überhaupt bewusst werden. Erst danach kannst Du diese stoppen und schlussendlich in eine unterstützende Richtung lenken. Durch Unterstützung eines guten Rudercoaches lassen sich die inneren Dialoge nutzen, um deine Optionen zu erweitern und nicht einzuschränken“.
Positive Selbstgespräche
Dies sind positive Messages an uns selbst. Worte und Mantren die uns positiv stimmen und Worte bei denen sich unser Geist und Körper wohlfühlt. Dabei ist die innere Stimme optimistisch und zuversichtlich. Es sind selbstgemachte Motivationsansprachen. Positive Selbstgespräche dienen dazu, Energien, Anstrengungen und positive Einstellung zu verbessern, tragen aber keine Handlungsanweisungen in sich (Beispiele sind „Ich habe so eine Situation schon mal gemeistert“ und „Ich habe die Kraft und Ausdauer durchzuhalten!“). Auch wenn’s mal nicht funktioniert: Versuche nicht, Gedanken zu vertreiben oder zu verhindern. Nimm die negativen Gedanken an und arbeite damit. Und leite die Gedanken um. Mache aus einem „Das Training war wieder eine Katastrophe“ den Satz „Das Training war nicht gut weil ein extremer Wellengang herrschte. Ich habe das schon öfter bewältigt.“
Instruktive Selbstgespräche
Das sind Selbstgespräche, die dafür sorgen dass wir uns verbessern. Sind wir uns unseren Selbstgesprächen bewusst und wissen wir wie wir funktionieren dann können wir uns selbst auch steuern. Wir geben uns Instruktionen was zu tun ist. Hier einige beispiele wie wir mit Hilfe von Instruktionen und positiven Selbstgesprächen unsere Leistung verbessern können.
Umsetzungsstrategien
Fokussierung
Fokussiere dich auf das, was Du erreichen willst, und nicht auf das, was Du verhindern willst. Verdrängung ist keine günstige Strategie, da sich dahinter ein aktiver Prozess verbirgt. Aufgrund der benötigten kognitiven Prozesse steht in der Folge weniger Raum für positive Gedanken zur Verfügung. Im Umkehrschluss lassen motivierende Selbstgespräche und Instruktionen keinen Raum für negative Selbstgespräche und störende Gedanken, so dass diese unterdrückt werden.
Reflektion und Wahrnehmung
Höre dir selbst zu. Erkenne was Du im Inneren sagst und lass es zu. Du kannst dir die Aussagen merken oder später aufschreiben.
Dokumentation und Sammlung
Finde einen Ort an dem Du die negativen Gespächsinhalte speicherst. Schreibe deine Selbstgespräche von Zeit zu Zeit auf, um sie dir selbst zu verdeutlichen und um an ihnen arbeiten zu können. Im Handy, auf Papier oder im Gehirn. Führe sie dir wieder vor Augen und frage dich, wie Du diese positiv umformulieren kannst.
Umformulierung
In einer Studie von 2009 fanden Hardy, Roberts und Hardy, dass Athleten, die ihre Selbstgespräche in einem Tagebuch aufzeichneten, ein Bewusstsein für den Inhalt ihrer negativen Selbstgespräche sowie die Folgen entwickelten. Dieses Bewusstsein wiederum ist nützlich, um an den Selbstgesprächen zu arbeiten und sie zu verändern und umzuleiten. Nutze die Macht des Selbstgesprächs. Wenn Du es nicht schaffst eine positive Formulierung zu finden, formuliere sie wenigstens neutral. Weitere Strategien findest Du im englischen Teil des Posts.
Was aber ist die Wirkung auf uns Athleten?
Hussain Bolt und Muhammed Ali waren großartige Vertreter von positiven Selbstgespächen. Privat und in der Öffentlichkeit. Sie haben sich selbst zu quasi “greatest sportsmen of all time” proklamiert und waren damit sehr erfolgreich. Die Zeitschrift Sportreslience schreibt über die Macht des Selbstgesprächs und deren Wirkung auf Sportler:
Stärkung des Immunsystems
Wir können stress vermeiden. Stress kostet Energie, zieht uns runter und verhindert häufig, dass wir uns auf das Wesentliche konzentrieren. Die Zeitschrift Psychology Heute beschrieb, wie Stress das Imunsystem schwächt.
Gleichgewicht im Leben und Training
Think positive. Positive Einstellungen und positiver Zuspruch beeinflussen Leben und Training. Das wurde dokumentiert von der Mayo Clinic. Viele weitere Arbeiten haben sich mit mentaler Stärke und körperlicher Verfassung auseinandergesetzt. Fast durchweg alle Organisationen unterstützen Konzepte des Positive Thinking um Ängste der Sportler zu reduzieren sowie Zielsetzungsprozesse umzusetzen. Unsere Empfinden, also die Art und Weise, wie Du dich fühlst, kann von dir selbst beeinflusst werden. Es und hängt stark davon ab, welche Ton du im Selbstgespräch anschlägst. Steht eine harte Intervalleinheit auf dem Trainingsplan, kannst du klagen („Das ist so hart, das tut so weh“) oder sie als Herausforderung annehmen und das zum Beispiel mit den inneren Worten „Diese Intervalle machen mich schneller“
Schmerzen ausblenden
Schmerzkontrolle und das Ausblenden von unangenehmen Dingen kann durch Selbstgesprächen erzielt werden. Leite deine Schmerzen um und bleibe positiv. Denke daran, dass Untersuchungen von positiv gestimmte Athleten zeigten, dass die Blutversorgung sich verbessern kann.
Motivation steigern
Deine Motivation wird sehr stark durch Selbstgespräche reguliert. Wenn zum Beispiel beim Langstreckenrennen wie dem Ostsee Cup in Rendsburg gegen Ende der „Hammer“ kommt und man fast an die Leistungsgrenze gerät, sind es deine eigenen, unterstützenden und motivierenden Selbstgespräche, die dich ins Ziel bringen. „Die letzten 250 m schaffe ich noch“ oder „Letztes Jahr sind wir gut durchgekommen“ oder „Ich weiss dass alles weh tut, aber ich halte durch.“
Habt Ihr Erfahrung mit Selbstgesprächen? Lass uns doch wissen was Ihr über dieses Thema denkt. Schreibt uns an unten in den Kommentaren.